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Was ist Hämophilie?

Diagnose, Ursachen & Symptome der Hämophilie. Hier finden Sie alle Informationen zur Bluterkrankheit.

Als Hämophilie oder Bluterkrankheit bezeichnet man eine erblich bedingte Gerinnungsstörung des Blutes. Das Wort Hämophilie leitet sich aus dem Altgriechischen her, und zwar von haima „Blut“ und philia „Neigung“. Betroffene bluten länger als Menschen mit einer normalen Blutgerinnung. Das betrifft zum einen Wunden, die sich dadurch verzögert schließen und schlechter heilen, aber auch das Körperinnere. Werden beispielsweise durch einen Sturz oder eine andere stumpfe Verletzung innere Blutungen ausgelöst, so können diese Gelenke, Organe und Muskeln schädigen. Manchmal treten solche Blutungen auch spontan auf, also ohne erkennbare Fremdeinwirkung. Hämophilie ist nicht heilbar, lässt sich heute aber mit verschiedenen Therapien gut behandeln.

Hämophilie – Ursachen und Vererbung

Bei Menschen mit Hämophilie werden bestimmte Eiweiße (die Blutgerinnungsfaktoren VIII oder IX) in zu geringer Menge oder gar nicht gebildet. Die Ursache der Hämophilie ist eine fehlerhafte Erbanlage, die sowohl vom Vater als auch von der Mutter an das Kind weitergegeben werden kann. Da es sich bei den Auslösern um geschlechtsspezifische Gene handelt, die auf dem X-Chromosom liegen, sind von Hämophilie fast ausschließlich Jungen und Männer betroffen. Frauen können die Hämophilie zwar an ihre Kinder weitergeben, erkranken in der Regel aber selbst nicht ernsthaft. Weil sie zwei X-Chromosomen haben, kann das gesunde Gen den Fehler auf dem zweiten X-Chromosom ausgleichen. Mütter, die die Ursachen für Hämophilie übertragen, nennt man Konduktorinnen (von lat.: conducere = übertragen). Aus noch unbekannten Gründen kann eine Hämophilie auch spontan auftreten (Neu-Mutation), also ohne familiäre Vorgeschichte. Diese Form tritt bei etwa einem Drittel der Betroffenen auf. [1]

Hämophilie A und B: Unterschiede und Häufigkeit

Die bekanntesten Erkrankungsformen der Hämophilie sind die Hämophilie A und die Hämophilie B. Bei einer Hämophilie A bildet der Körper zu wenig Gerinnungsfaktor VIII (ausgesprochen: Faktor 8), bei einer Hämophilie B betrifft dies den Blutgerinnungsfaktor IX (ausgesprochen: Faktor 9). Die Hämophilie A tritt fünf- bis sechsmal häufiger auf als die Hämophilie B. Man schätzt, dass einer von etwa 5.000 Männern von einer Hämophilie A betroffen ist, bei der Hämophilie B ist es einer von rund 25.000 bis 30.000 Männern [2]. Die Blutungsneigung ist bei einer Hämophilie B etwas weniger stark ausgeprägt als bei einer Hämophilie A [3]. Hämophilie A und B unterscheiden sich in ihren Verläufen meist nur geringfügig, jedoch lassen sich die jeweiligen Behandlungen nicht von einer Hämophilieform auf die andere übertragen [4].

Verlaufsformen: Schweregrade der Hämophilie

Die Hämophilie hat verschiedene Verlaufsformen. In Abhängigkeit davon, wie viel Gerinnungsfaktor VIII oder IX der Körper selbst noch bilden kann (Restaktivität), unterteilt man die Erkrankung in unterschiedliche Schweregrade. Je weniger Restaktivität, desto schwerer die Hämophilie und desto höher die Blutungsneigung. Eingestuft werden die Schweregrade gemäß der Definition der International Society on Thrombosis and Haemostasis (isth) in Prozent Restaktivität, ausgehend von 50 bis 150 Prozent Aktivität bei einem gesunden Menschen [5].
• milde Hämophilie: Restaktivität 5 bis unter 40 %
• mittelschwere Hämophilie: Restaktivität 1 bis 5 %
• schwere Hämophilie: Restaktivität unter 1 %

Typische Symptome von Hämophilie

Typische Symptome einer Hämophilie sind Einblutungen in Gelenke, besonders betroffen sind Knie-, Ellenbogen und Sprunggelenke. Dabei kommt es zu schmerzhaften Schwellungen, und die Beweglichkeit ist eingeschränkt. Wiederkehrende Blutungen in dasselbe Gelenk können auf Dauer zu einer irreversiblen Schädigung des Gelenks führen. Zu weiteren Hämophilie Symptomen zählen vermehrt auftretende blaue Flecken, verstärktes Nasenbluten, Einblutungen in Muskulatur und Fettgewebe sowie blutiger Urin. Seltener gehören innere Blutungen in Organe oder in das Gehirn zu den Symptomen der Hämophilie. Wobei letztere vor allem nach Stürzen auf den Kopf auftreten und lebensbedrohlich sein können. Entgegen der weit verbreiteten Meinung stellen oberflächliche Schnittverletzungen oder Schürfwunden selten ein Problem dar. Häufig kommen diese Blutungen ohne größere Komplikationen zum Stillstand [6].

Wie wird Hämophilie diagnostiziert?

Erste Hinweise auf eine Hämophilie können bereits im frühen Kindesalter auftreten, beispielsweise in Form von vermehrten Blutergüssen oder stärkeren Blutungen nach Verletzungen. In diesem Fall ist es ratsam, das Kind auf eine Blutgerinnungsstörung zu testen. Gibt es in der Familie Fälle von Hämophilie, so lässt sich bereits in der Schwangerschaft feststellen, ob die Erkrankung vererbt wurde. Unmittelbar nach der Entbindung kann über die Untersuchung des Nabelschnurbluts eine Diagnose gestellt werden. Kinder und Erwachsene werden auf Hämophilie A mittels Blutuntersuchungen getestet, bei denen unter anderem die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII bestimmt wird. Eine weitere Möglichkeit sind Genuntersuchungen, mit denen der spezifische Defekt im Erbgut nachgewiesen wird. Sie erfolgen ebenfalls mittels Blutprobe [4].

Auswirkungen von Hämophilie auf den Alltag

Hämophilie ist nicht heilbar, doch dank moderner Therapien können Betroffene heute ein nahezu normales Leben führen. Wichtig ist, Verantwortung für die eigene Erkrankung zu übernehmen. Dabei helfen Hämophilie-Zentren. Sie sind die zentralen Anlaufstellen für Betroffene und ihre Angehörigen, wenn es um die Behandlung und um den Umgang mit der Hämophilie im Alltag geht. Die einzelnen Lebensabschnitte halten unterschiedliche Herausforderungen für Menschen mit Hämophilie bereit: Sicherheit für Kinder in Kita und Schule, das Erlernen von Selbstständigkeit in der Jugend, die Wahl eines geeigneten Berufs, eine gesunde Lebensführung mit Sport – aber auch der Umgang mit Schmerzen und körperlichen Beeinträchtigungen im Alter. Auch die Art der Therapie wirkt sich auf den Alltag mit Hämophilie aus – vor allem darauf, wie sehr man sich mit der Erkrankung beschäftigen muss, oder frei sein kann im Kopf.

Quellen

[1] IGH: https://www.igh.info/inhalte/infos/haemophilie/vererbung-wie-kommt-es-zur-haemophilie.html
[2] Paul-Ehrlich-Institut: https://www.pei.de/DE/newsroom/hp-meldungen/2023/230414-welttag-haemophilie.html)
[3] https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e131150
[4] DGH-Broschüre „Hämophilie“: Monika Barthels, Cornelia Wermes, Wolfgang Voerkel, 2015
[5] White GC, Rosendaal F, Aledort LM, Lusher JM, Rothschild C, Ingerslev J. Definitions in hemophilia. Recommendation of the Scientific Subcommittee on Factor VIII and Factor IX of the Scientific and Standardization Committee of the International Society on Thrombosis and Haemostasis. Thromb Haemost 2001; 85: 560.
[6] DGH: https://www.dhg.de/blutungskrankheiten/haemophilie.html
[7] https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e131251